Eines der größten Probleme für Nichtraucher sind stark rauchende Nachbarn. Vermeiden Sie emotionale mündliche oder schriftliche Auseinandersetzungen.
Hier finden Sie eine mögliche Anleitung, wie auch Sie zu rauchfreien Zeiten kommen können.
Was tun gegen rauchende Nachbarn?
OGH-Urteil vom November 2016: Rauchen in Wohnung nur stundenweise erlaubt
Viele Menschen klagen uns ihr Leid mit stark rauchenden Nachbarn. Die Wohn- und Lebensqualität wird durch starke Raucher arg in Mitleidenschaft gezogen. Manche sind sogar bereit, einen Wohnungswechsel vorzunehmen, um dem Qualm zu entkommen. Aber kann man sicher sein, dass man nicht vom Regen in die Traufe kommt? Und ist so ein Schritt bei den heutigen Immobilienpreise kostenmäßig überhaupt zu stemmen?
Es gibt zwar kein Gesetz, das automatisch den Nichtraucherschutz auch im Wohnbereich sicherstellt, aber es gibt den gesetzlichen Schutz vor wesentlicher Beeinträchtigung durch Rauch- und Geruchsimmissionen. Starkes Rauchen erfüllt sehr schnell den Tatbestand des § 364 Abs 2 ABGB. Der eigentliche Inhalt des nachbarrechtlichen Untersagungsanspruches nach § 364 Abs 2 ist, dass der Verpflichtete dafür zu sorgen hat, dass sein Nachbar nicht durch Immissionen beeinträchtigt wird. Wem das Rauchen des Nachbarn auf dem Balkon, der Terrasse oder bei offenem Fenster unerträglich wird, muss man über einen Anwalt (möglichst ein Wohnrechtsexperte) beim Bezirksgericht eine Unterlassungsklage einbringen. Meistens ist damit das Problem schon gelöst. Der Nachbar sieht ein, dass er kein Recht hat ständig zu rauchen. Begründet wird das im OGH-Urteil vom 16.11.2016. Auf dieses Urteil kann man, was die Zeiten anbelangt, aufbauen. Leider haben nur wenige Nichtraucher den Mut, rechtsanwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Warum eigentlich?
Bevor man den Klagsweg bestreitet, sollte man versuchen, die rauchende Partei in einem eingeschriebenen Brief auf grundlegende Rechte für Nichtraucher aufmerksam zu machen. So könnte man außergerichtlich und ohne Rechtsanwaltskosten weiterhin ein nachbarschaftliches Zusammenleben ermöglichen.
Folgender Musterbrief könnte erfolgreich sein:
Sehr geehrte(r) ….!
Für das Zusammenleben der Menschen gilt nach gängiger Rechtsprechung und nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 16. November 2016 (Aktenzeichen 2 Ob 1/16k) zum Rauchen auf dem Balkon und der Terrasse das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Gegenseitig heißt, dass jeder Mensch auf andere Menschen und deren Bedürfnisse Rücksicht nehmen muss. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass niemand zu jeder Tages- und Nachtzeit Klavier spielen oder jeden Tag auf dem Balkon grillen kann, wenn sich dadurch andere Menschen gestört fühlen. Deshalb sind auch Sie gehalten, die Auswirkungen Ihres Rauchens in Form von hochgiftigen Schadstoffemissionen zu begrenzen.
Der Tabakrauch strömt thermischen Regeln folgend immer von unten nach oben und gelangt so auch auf meinen Balkon bzw. durch offene Fenster/Balkontür in meine Wohnung. Er verursacht bei mir Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Übelkeit, Heiserkeit, Augenbrennen, Augenbindehautreizungen. (Zutreffendes auswählen. Bis auf die Augenbindehautreizung kann nichts nachgewiesen werden, muss also nicht bewiesen, nur glaubhaft gemacht werden!) Will ich diese Gesundheitsschädigung vermeiden, muss ich auf die Nutzung des Balkons verzichten und die Fenster ständig geschlossen halten. Der dadurch verminderte Luftaustausch führt zu einer Verschlechterung der Luftqualität mit anderen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Dass dies für mich unzumutbar ist, werden Sie sicher verstehen. Ich schlage Ihnen deshalb und in Anlehnung an das vom OGH gutgeheißene Zeitmodell geregelte Rauchzeiten auf dem Balkon/auf der Terrasse sowie geregelte Lüftungszeiten vor. Ich bin gerne bereit, mit Ihnen andere Rauchzeiten zu vereinbaren, wenn Ihnen die vorgeschlagenen Zeiten nicht zusagen.
Rauchzeiten in der wärmeren Jahreszeit (8 Monate) vom 1. März bis 31. Oktober:
06:00 bis 07:00 Uhr
08:00 bis 09:00 Uhr
10:00 bis 12:00 Uhr
15:00 bis 18:00 Uhr
21:00 bis 22:00 Uhr
= 8 Rauchstunden gleich wie OGH-Urteil, nur in der Früh leicht geändert. Statt 6 – 8 Uhr aufgeteilt in 6 – 7 Uhr und 8 – 9 Uhr. So hat jeder in der Früh eine Stunde für sich sowohl zum Lüften als auch zum Rauchen.
Achtung! In einer neueren Entscheidung des Bezirksgerichts Innsbruck vom September 2023 wurden die Raucherzeiten ganzjährig festgelegt!
Rauchzeiten in der kälteren Jahreszeit (4 Monate) vom 1. November bis 28./29. Februar:
06:00 bis 07:00 Uhr
08:00 bis 09.00 Uhr
10:00 bis 12:00 Uhr
13:00 bis 15:00 Uhr
16:00 bis 18:00 Uhr
19:00 bis 21:00 Uhr
(22:00 bis 06:00 Uhr )
= 10 (+ 8) Rauchstunden. (Anmerkung: Wenn Sie ab 22 bis 6 Uhr in der kälteren Jahreszeit nicht mehr Lüften, können Sie die 8 Stunden in der Nachtruhe von 22 – 6 Uhr den Rauchzeiten hinzufügen.)
In den rauchfreien Stunden darf auf dem Balkon/Terrasse nicht geraucht bzw. das Fenster nicht zum Lüften rauchhaltiger Luft geöffnet werden. Das gilt für Sie und alle in Ihrem Haushalt lebenden Personen und ebenso für Gäste.
Bitte haben Sie Verständnis, wenn ich Sie auffordern muss, mir schriftlich bis spätestens (Datum mit Frist von 14 Tagen) mitzuteilen, ob Sie mit meinen Vorschlägen einverstanden sind. Antworten Sie nicht, werde ich auf jeden Fall einen Rechtsanwalt beauftragen, eine Klageschrift beim zuständigen Bezirksgericht einzureichen. Ich weise Sie vorsorglich darauf hin, dass die unterlegene Partei für sämtliche Gerichts- und Anwaltskosten, die nach dem (Tag-Monat-Jahr) entstehen, aufkommen muss.
Mit freundlichen Grüßen
Szenario 1:
Die rauchende Partei sieht ein, dass sie kein Recht hat, jederzeit zu rauchen und ist mit dem vorgeschlagenen Zeitmodell einverstanden.
Szenario 2:
Die rauchende Partei schlägt andere Rauchzeiten vor, die für Sie nicht akzeptabel sind.
Was also tun?
Sie schreiben der rauchenden Partei einen weiteren Brief:
Sehr geehrte(r) ….!
In Ihrem Schreiben vom (Datum) gehen Sie in keinster Weise auf meine vorgeschlagenen Rauchzeiten ein. Die OGH-Entscheidung vom 16.11. 2016 stellt außer Streit, dass wahrnehmbarer Rauch grundsätzlich als wesentliche Beeinträchtigung anzusehen ist und kein Nichtraucher gesundheitsschädliche Immissionen durch Tabakrauch hinnehmen muss. Soweit herrscht ja Übereinstimmung.
Die Grundrechte des Rauchers und die des Nichtrauchers sind nach dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme in einem angemessenen Ausgleich zu bringen. Die OGH-Zeiten, die Sie in Ihrem Brief anführen, sind in einem speziellen Fall so entschieden worden.
Ich halte an meinen vorgeschlagenen Zeiten fest. Bedenken Sie, dass einem Verursacher von gesundheitsschädlichen Immissionen nicht mehr Zeiten zugestanden werden können als einem Nichtraucher, der ja niemand schädigt.
Das heißt, dass nach dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme mindestens eine Halbierung der Tageszeiten angedacht werden muss. Die Nachtzeit (Ruhezeit) von 22 bis 6 Uhr steht ja außer Diskussion.
Auch was die Jahreszeiten betrifft, halte ich an einer Teilung in 8 Monate wärmere und 4 Monate kältere Jahreszeit fest. Die wärmere Jahreszeit beginnt nachweisbar bereits ab März und hält bis Oktober an (= 8 Monate). Das Bedürfnis, im Frühjahr nach draußen zu gehen, ist wohl ein allgemeines Bedürfnis. Und so wollen auch meine Familie und ich ab März wieder den Balkon benützen und die Fenster öffnen können ohne eingeraucht und gesundheitlich geschädigt zu werden. In der kälteren Jahreszeit vom November bis Ende Februar (= 4 Monate) beanspruchen wir ohnehin nur 6 rauchfreie Stunden.
Mit freundlichen Grüßen
Szenario 3:
Die rauchende Partei riskiert keinen langen und kostspieligen Rechtsstreit und ist nun mit den vorgeschlagenen Rauchzeiten in der wärmeren (8 Monate) und kälteren (4 Monate) Jahreszeit einverstanden.
Szenario 4:
Es gibt keine außergerichtliche Streitbeilegung. Die rauchende Partei will nur die OGH-Zeiten vom Nov. 2016 akzeptieren. Sie brauchen nun einen guten Anwalt, der willig ist, ein Eventualbegehren zu stellen, das Ihren Zeitwünschen entspricht und dies auch entsprechend begründen kann. Die Jahreszeiten in 8:4 Monate einzuteilen ist nachvollziehbar und realistisch und sollte auch bei Gericht Anerkennung finden.
Achtung! In einer neueren Entscheidung des Bezirksgerichts Innsbruck vom September 2023 wurden die Raucherzeiten ganzjährig festgelegt!
Szenario 5:
Ohne Rechtsschutzversicherung ist Ihnen das Risiko zu groß und Sie begnügen sich mit den bereits festgelegten OGH-Zeiten. Diese sind weitaus besser als ihr bisheriger Zustand.
Meine persönliche Meinung
Der OGH hat im Urteil vom November 2016 eine willkürliche Entscheidung getroffen, die jeder Realität widerspricht. Niemand wird ernsthaft bestreiten wollen, dass im März das Frühjahr beginnt und deshalb 8 Monate wärmere Jahreszeit und 4 Monate kältere Jahreszeit sehr realistisch und nachvollziehbar sind. Die Nachtzeit (Ruhezeit) von 22 bis 6 Uhr steht ja außer Diskussion. Im OGH-Urteil ist nichts festgelegt, was einer Festlegung anderer Rauch-/Nichtrauch-Zeiten widerspricht.
Achtung! Ich habe die Rauchzeiten so nah wie möglich an die OGH-Zeiten angeglichen, um kein Risiko einzugehen. Die aufgeführten Zeiten sind nur als Beispiel gedacht. Sie sollten so weit wie möglich dem Einzelfall (z. B. ganztägige Anwesenheit, berufliche Abwesenheit, nächtliches Arbeiten, Kinder, Wochenendnutzung, Urlaub, Krankheit usw.) angepasst werden. Noch Fragen? Anrufen!
Senatspräsident Dr. Karl-Heinz Danzl sieht das OGH-Urteil vom Nov. 2016 als „Einzelfallentscheidung“. Obwohl von jedem OGH-Spruch eine generalisierende Wirkung ausgehe, könnten Regelungen andernorts ganz anders ausfallen. Denn die Höchstrichter seien auf die konkrete Wohnsituation der streitenden Nachbarn eingegangen.
Falls Ihr Schreiben keinen außergerichtlichen Erfolg haben sollte, können Sie davon ausgehen, dass eine Unterlassungsklage Ihnen rauchfreie Zeiten zusichern wird. Sie haben ein Recht auf rauchfreie Stunden! Setzen Sie stark rauchenden Nachbarn grenzen. Raucher werden vielleicht geschockt reagieren, weil sie bisher noch nie Einschränkungen auferlegt bekamen. Leiten Sie eine neue Ära ein! Rücksichtsloses Verhalten muss ein Ende haben! Raucher müssen lernen, dass sie nie ein Recht gehabt haben, das Leben anderer Mitmenschen mit ihrem Rauch zu beeinträchtigen, auch nicht in der eigenen Wohnung. Seien Sie mutig und werden Sie aktiv! Es lohnt sich! Bei Unklarheiten rufen Sie mich an.
Robert Rockenbauer
Bundesleiter der Österreichischen Schutzgemeinschaft für Nichtraucher
nichtraucherschutz@aon.at
www.nichtraucherverein.at
Telefon 0664 9302 958